Eltern
fragen die Bürgermeister-Kandidaten
Vier Fragen des Stadtelternrates Kindertagesstätten an
Dennis Berger (SPD), Stefan Brix (Bündnis 90/Die Grünen), Adrian Haack (CDU)
und Ivica Lukanic (Bündnis Unabhängiger Wähler)
Stadtelternrat: Welche „Lessons Learned“ ergeben sich für Sie aus der Zeit der
Corona-Pandemie in Bezug auf die Kinderbetreuung und welche Maßnahmen können
Sie sich vorstellen auf lokaler Ebene umzusetzen, um hier künftig die
Kinderbetreuung besser aufzustellen und für ähnliche Lagen besser vorbereitet
zu sein?
Haack: Es ist generell mein Ansinnen,
solide Notfallpläne auszuarbeiten und für diese die notwendige Ausrüstung
anzuschaffen. Der Kitabetrieb unter Pandemiebedingungen wäre ein mögliches
Szenario, in dem man dann beispielsweise Sporthallen in provisorische Kitas
umrüsten würde, um die Kinder auf mehrere Standorte zu verteilen. Welche
Maßnahmen im Pandemiefall (oder in anderen Extremsituationen) zu ergreifen
sind, gibt das Land sehr detailliert vor. Als Hauptverwaltungsbeamter ist man
für die Umsetzung dieser Vorschriften vor Ort verantwortlich. Deshalb ist es
letztlich die Kernaufgabe für die Stadt, dass man für die bekannten Szenarien
eine mögliche Umsetzung plant, mit den betroffenen Stellen von Feuerwehr, über
Verwaltung bis Kita-Leitung durchgeht und Material bzw. Gerätschaften vorhält.
Des Weiteren
bin ich ein Freund von digitalen Lösungen. Gerade in einer Pandemie hat dies
Vorteile. Es gab immer wieder sehr kurzfristige Verordnungen des Landes und
Eltern benötigen Vorlauf, um Kinderbetreuung zu organisieren. Es muss im Jahr
2021 möglich sein, die Handynummern aller Eltern zu bündeln, um ihnen wichtige
und kurzfristige Informationen auch via SMS zukommen lassen zu können (wenn sie
dies wünschen).
Es waren zu
jedem Zeitpunkt der Pandemie genügend Lüftungsgeräte verfügbar. Sie fehlten
aber bei unseren Kindern. Aber blicken wir in die Zukunft: Ich würde einen
Grundbestand an Lüftungsgeräten, Desinfektionsmittel und Masken, die nach der
Pandemie wahrscheinlich sehr günstig sein werden, einlagern.
Brix: Wesentlicher Punkt losgelöst vom
Spezialereignis "Pandemie" ist für mich die Kommunikation zwischen
Verwaltung, Erzieher:innen, Eltern und Kindern. Hier die Wege kurz und die
Ansprachen offen, ehrlich, verständlich zu halten, ist ein wesentlicher Punkt
um Krisen effektiv begegnen zu können.
Die Verwaltung hat in der Pandemie meiner Einschätzung nach
gut gearbeitet und das, was möglich war (meistens) auch möglich gemacht.
Für den Fall "Pandemie" ist es erforderlich sein
KiTas und deren Belegung genau zu kennen, nur dadurch konnten die geforderten
Maßnahmen des Landes (Gruppen-/Kohortenbildung, Abstand, Belegung der Räume
usw.) auch schnell umgesetzt werden.
Hilfreich sind hinreichend große KiTas mit überschaubaren Gruppen
(die Größen werden - wie Sie wissen - vom Land festgelegt) und mit modernen
Heizungs- und Lüftungsanlagen (was sie sich vorstellen können mir auch aus
energetischen Gründen ausdrücklich am Herzen liegt!) und mit Ausweichräumen,
die zur Schaffung von Abständen auch flexibel genutzt werden können.
Hygienemaßnahmen werden auch nach der Pandemie stärker im
Bewusstsein bleiben, obwohl ich kein Freund davon bin, diese zu Übertreiben, um
Allergien zu vermeiden und einen auch einen natürlichen Schutz vor Alltagskeimen
aufzubauen und nicht zu verlieren.
Berger: Die Situation der Corona-Pandemie
ist eine schwierige und gleichzeitig sehr herausfordernde Situation für alle
Kinder, Eltern und das Personal. Aus meiner Sicht können hier zwei
Themenbereiche unterschieden werden in denen Maßnahmen für die Zukunft
abgeleitet werden können:
Rahmenbedingungen:
●
Testkonzepte aufrechterhalten und Testkapazitäten für Personal, Kinder
und Eltern vorhalten
●
Die Bereitstellung aktueller Informationen in
Echtzeit und Verbesserung der
Kommunikation ist aus meiner Sicht eine wichtige und substantielle
Weiterentwicklung zu dem eingeführten Brief des Bürgermeisters an die Eltern.
Die Bereitstellung einer gemeinsam nutzbaren Kommunikationsplattform, wie
beispielsweise durch eine Kindergarten
App soll zukünftig zur Erleichterung der Kommunikation zwischen Personal
und Eltern beitragen und mehr Transparenz und Informationen schaffen.
●
Angebot von anlassbezogenen bzw. themenbezogenen
Videokonferenzen für die Eltern.
●
Bewährte Hygienekonzepte
bewahren und entsprechendes Hygienematerial ausreichend vorhalten
Inhaltlich:
●
Durchführung eines Lessons-Learned-Hearing mit allen Kitas zur Ableitung von
gemeinsamen Maßnahmen, Austausch über „best practise“ aus den Kitas und
Definition zukünftiger Weiterentwicklungen.
●
Der stetige Austausch
aus der Krisenzeit zwischen Kita und Familie sollte aufrecht erhalten
bleiben. Beispiele aus der Praxis: Türbesuche zu Hause oder 1x monatlich
freitags draußen vor der Kita - am Stehtisch und mit Abstand - Gespräche
zwischen Eltern und Personal.
Lukanic: Ich habe aus der Verwaltung, von
den Kolleginnen und Kollegen aus den Kindertagesstätten und von Eltern aus dem
privaten Umfeld eine Vorstellung davon, wie schwierig die vergangenen Monate
für alle Beteiligten waren.
Alle haben ihr Bestes gegeben und unter der Situation
gelitten. Deshalb bin ich sehr dankbar, dass unsere Erzieherinnen und Erzieher
in den Tagesstätten Stellung gehalten haben und die Eltern mit viel Geduld und
Leidensfähigkeit die Umstände ertragen haben.
Die Eltern, mit denen ich Kontakt habe, waren sehr
verunsichert. Oft wurden neue Vorgaben kurzfristig vorwiegend freitags
kommuniziert. Daher mussten sich die Eltern prompt auf neue Situationen
einstellen und darum bangen, ob sie einen Betreuungsplatz in der Notbetreuung
zugewiesen bekommen oder nicht. Die Kurzfristigkeit lag an den zum Wochenende
durch das Land mit Wirkung zum darauffolgenden Montag erlassenen Verordnungen.
In dieser Zeit muss es Intransparenzen gegeben haben. Den
Eltern war teilweise nicht klar, nach welchen Kriterien die Notbetreuungsplätze
vergeben werden. Da gab es in einer für alle Beteiligten schwierigen Phase sehr
viel Unmut und Ungerechtigkeiten.
Es ist mir daher wichtig, dass im Austausch mit dem
Elternrat eine enge Abstimmung über die Maßnahmen erfolgt. Sollte es künftig
ähnliche Situationen geben, bin ich sehr zuversichtlich, dass einiges schon
erlernt und erprobt ist. Es ist wichtig, die Kommunikationskette für
Krisenfälle festzulegen und mit Leben zu füllen.
Darüber hinaus würde ich eine Hotline einrichten, die für
Eltern, aber auch für Bürgerinnen und Bürger als Wegweiser zur Verfügung steht,
wenn kurzfristig Maßnahmen oder Vorgaben beispielsweise für die Anmeldung zur
Notbetreuung erforderlich werden.
Es gibt heute noch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die
Angst haben, sich anzustecken. Insgesamt waren die Erzieherinnen und Erzieher
in den Wolfenbütteler Kindertagesstätten sehr engagiert. Sie haben den Kontakt
zu Eltern und nach Möglichkeit zu den Kindern, die nicht betreut werden
konnten, gehalten. Wie dort die Arbeit geleistet wurde, erfüllt mich mit Stolz.
Mir ist es wichtig, dass die Stadtverwaltung einsatzbereit
und verfügbar ist, genauso wie die Fachkraft im Supermarkt und unsere
Erzieherinnen und Erzieher in den Tagesstätten. Dafür möchte ich sorgen.
Auch wenn man als Bürgermeister wenig Einfluss auf die
Verordnungen des Landes und das Handeln des Gesundheitsamtes hat, bin ich sehr
enttäuscht. Die Regierungen auf Bundes- und Landesebene hatten keine Konzepte
und sind wenig schlüssig vorgegangen. Vieles ist trotzdem gut gegangen und wir
sind in Wolfenbüttel von den fürchterlichsten Auswirkungen der Corana-Pandemie
verschont geblieben, weil die Bürgerinnen und Bürger sehr diszipliniert waren.
Stadtelternrat: Auch wenn wir uns als Stadtelternrat durchaus bewusst sind, dass die
Betreuungssituation in Wolfenbüttel vergleichsweise gut ist, so nehmen wir
dennoch insbesondere bei den Kita- und Hortgebühren viel Kritik der Eltern
wahr. Zum einen wurden die unteren Einkommensgruppen zwar entlastet, dies
geschieht jedoch zu Gunsten des Landkreises, da für viele dieser Eltern die
Gebühren (teilweise) vom Landkreis übernommen wurden. Die Bemessung der
Gebühren am Brutto- Jahresgehalt führt bei den selbstzahlenden Eltern zu
großen Ungerechtigkeiten, da je nach Tätigkeiten der Eltern große Differenzen
zwischen Brutto- und Netto-Einkommen auftreten können. Das bedeutet zum
Beispiel, dass die Eltern, die aufgrund von Selbstständigkeit oder Verbeamtung
die Krankenkassenkosten komplett selbst tragen, was bei nichtselbstständig
Angestellten nicht der Fall ist. Daher wird für gewöhnlich in
Verwaltungsverfahren auch das Netto-Einkommen oder zumindest das zu
versteuernde Einkommen berücksichtigt.
Wir würden daher
gerne wissen, auf welche Punkte Sie bei der vorgesehenen periodischen
Überprüfung der Gebühren besonderen Wert legen und ob Sie an der
Berücksichtigung des Brutto- Einkommens festhalten wollen und mit welcher
Begründung?
Lukanic: Bei der Diskussion um die
Kita-Gebühren, insbesondere die Entlastungseffekte für niedrigere
Einkommensgruppen begibt man sich schnell in eine Neid- bzw. Sozialdebatte,
deshalb ist es mir wichtig, dass die geschilderten Sorgen oder Annahmen
diskutiert werden. Mit der Gebührenanpassung 2019 wurden die Gebühren mit etwa
6,5 % für alle Einkommensgruppen gleichermaßen festgelegt. Das finde ich
richtig und allem voran gerecht. Der Gebührenanteil am Einkommen lag in den
unteren Einkommensgruppen bis zur Gebührenanpassung höher als bei den oberen
Einkommensgruppen. Insofern ist die Entlastung eine Korrektur im Sinne einer
gerechten Lastenverteilung.
Bei der periodischen Überprüfung der Gebühren lege ich Wert
darauf festzustellen, ob die Gebühren in den Haushalten, deren Kinder in
unseren Kindertagesstätten betreut werden, zu einer Schieflage führen und wie
sie sich auf die Akzeptanz der Betreuung auswirken. Die jüngsten Überprüfungen
haben gezeigt, dass die Gebühren bisher keine Auswirkungen auf eine veränderte
Nutzung des städtischen Angebots durch die Eltern haben. Durch die
Gebührenbefreiung im Kitabereich ist 2018 allerdings eine nennenswerte
Entlastung der Familien eingetreten.
Im Sinne der Teilhabe der Eltern am Berufsleben ist mir
wichtig, dass die Familien nicht übermäßig belastet werden. Der
Kostendeckungsgrad der Gebühren für die Kitas ist in Wolfenbüttel sehr niedrig.
Gleichzeitig werden die Betreuungskapazitäten erheblich ausgebaut, während wir
über einen guten Betreuungsschlüssel und eine gute Betreuungsqualität verfügen.
Ich bin der Auffassung, dass ein ausgewogenes Gebührenverhältnis besteht.
Ich möchte an der Berücksichtigung des Brutto-Einkommens
festhalten. Da sich die Einkommenssituation aus verschiedenen Einkommensquellen
ergeben kann und u. a. Zulagen und steuerfreie Einkünfte herangezogen werden.
Eine Berücksichtigung des Netto-Einkommens, welches als
Bemessungsgrundlage von der Verwaltung aufwendig festgestellt werden muss, wird
meines Erachtens nicht zu mehr Gebührengerechtigkeit beitragen, insbesondere da
die Netto-Einküfte nicht vergleichbar sind.
Bei der Veranlagung des Netto-Einkommens wären
beispielsweise unverheiratete Eltern besser gestellt und Beamte leicht
benachteiligt, während Selbstständige durchaus über sehr unterschiedliche
Netto-Einküfte verfügen können, die keine Aussagekraft über ihre
wirtschaftliche Leistungsfähigkeit haben.
Die Berücksichtigung der Netto-Einkünfte würde auch nicht
zwangsläufig zu einer Gebührenreduzierung führen, auch wenn es zuerst einmal
logisch erscheint, da die Gebühren tatsächlich vom Netto-Einkommen bezahlt
werden.
Berger: Bei der regelmäßigen Überprüfung
der Krippen- und Hortgebühren ist mir die Zusammenarbeit mit dem
Stadtelternrat sehr wichtig. Die Diskussion in Bezug auf die Brutto /
Nettobetrachtung der Gebühren, der Stufungen der Tabellen sowie
Berechnungsschemata sind vielfältig. Damit wir für Wolfenbüttel eine für
alle tragfähige Lösung haben ist aus meiner Sicht eine hohe Transparenz und
Kenntnis der verschiedenen Vor- und Nachteile wichtig.
Deshalb werde ich für alle KiTa-Elternvertretungen im Jahr
2022 das Angebot machen in einem gemeinsamen Workshop die Überprüfung der
Gebühren gemeinsam zu gestalten. Dazu sollten im Workshop die
unterschiedlichen Gebührensysteme in den Kommunen und Berechnungsmodelle
gegenüberstellt und diskutiert werden. Ziel wäre es eine gute und für alle
nachvollziehbare Gebührensystematik herauszuarbeiten. Gleichzeitig würde ich
in diesem Workshop auch das Thema Qualitätsentwicklung in den KiTas
besprechen. Was sind die Themen, die aufgegriffen werden sollten? Wo wird der
größte Handlungsbedarf gesehen? Was sind die Inhalte, die erschlossen werden
sollten?
Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund der neuen
Regelungen bzgl. der „dritten Kraft“ durch das Land und der damit
einhergehenden Gegenfinanzierung von besonderer Relevanz. Hier möchte ich die
möglichen zusätzlichen „Landes-Gelder“ im Bereich der Gebühren bzw. der
Qualitätsentwicklung einfließen lassen.
Brix: Die
Einführung der derzeitigen Gebühren hat viel Kraft gekostet und meiner Ansicht
nach ist das Ergebnis (zumindest im Grundsatz) sozial ausgewogen. Auch heute
ist eine Einzelfallprüfung möglich. Es gilt (ich gehe davon aus, dass dies
kandidat:innenunabhängig ist) das Versprechen, die Gebühren im Dialog mit dem
Elternrat zu überprüfen. Welche Schlüsse im Detail dann zu ziehen sind, werden
die konkreten Zahlen (wie viele Verwerfungen gibt es und wie viel genau wurde
der Landkreis oder aber eine geringverdienende Gebührenzahler:in entlastet) und
eben der angeführte Dialog ergeben.
Dabei schließe ich keine Maßnahme möglicher Anpassungen aus.
Es gibt für mich also weder eine Vorfestlegung auf Bruttoeinkommen oder
(beispielsweise) zu versteuerndes Einkommen.
Haack: Die Gebührenordnung der Stadt
Wolfenbüttel für die Bereiche Krippe und Hort wird vom HVB und den CDU
Ratsmitgliedern einer intensiven Überprüfung unterzogen. Es werden Vergleiche
mit Kommunen in ähnlicher Größe wie Wolfenbüttel vorgenommen.
Die gewonnenen Erkenntnisse sowie eine daraus abgeleitete
Überarbeitung der Gebührenordnung werden dem Stadtelternrat vorgelegt. Für den
Rat der Stadt kandidiert Kerstin Glier für die CDU und wird als erfahrene
Erzieherin und Kita-Leitung ihre Expertise einbringen.
Für mich wäre denkbar, eine Variante zu erarbeiten, bei der z.B.
Werbungskosten abgesetzt werden können, so wie es in anderen Kommunen schon
praktiziert wird. Letztlich sehe ich auch keinen dezidieren Grund, der gegen
das Netto-Einkommen als Bemessungsgrundlage spricht. Das Thema ist jedoch sehr
komplex und man müsste die Gebührenordnung sich wie gesagt insgesamt anschauen
und nicht nur einzelne Stellschrauben, weil es sonst zu neuen Ungerechtigkeiten
kommt.
Stadtelternrat: Welche Maßnahmen gedenken Sie zeitnah umzusetzen, um den
Betreuungsanspruch für Grundschulkinder ab 2025 zu gewährleisten? Was sollte
aus Ihrer Sicht das Ziel der Betreuung von Grundschulkindern sein? Wollen Sie
die Horte, in denen qualitative und hochwertige Bildung und nicht nur „Verwahrung“
gewährleistet wird, erhalten?
Brix: Grundsätzlich gilt, dass Kinder
niemals "nur verwahrt" werden sollten. Gleichwohl muss auch nicht
jede Stunde im Leben eines Kindes "durchgetaktet" werden.
Zu Ihrer konkreten Frage: Hinsichtlich des Betreuungsanspruches
"8 Stunden am Tag, 5 Tage die Woche" gibt es verschiedene
Herausforderungen, vor die die Kommunen gestellt werden. Die größte wird meiner
Einschätzung nach die Personalfrage sein. Unsere Grundschulen arbeiten derzeit
bereits zu einem großen Teil als offene Ganztagsschulen. Die Horte sind
aufgrund der eben nicht verpflichtenden Ganztagsschule im Augenblick notwendige
Parallelstrukturen. Man muss aber auch so ehrlich sein, dass wir uns in Zukunft
mit der Ganztagsbetreuung in der Grundschule solche Doppelstrukturen (auch
schon wegen der Personalfrage) nicht werden leisten können. Das heißt Horte im
heutigen Sinn wird es vermutlich nur für die Zeiten geben, die noch über die
garantierte "Grundschulbetreuung" hinaus gehen.
Hinzu kommt, dass auch pädagogische Konzepte der
Grundschulen einer Veränderung unterliegen. Schon lange bekannt ist, dass
Kinder nicht um sieben Uhr in der Früh lernen sollten. Die Jobs der Eltern
erfordern aber einen frühen Schulanfang aus Gründen der Betreuung.
Derzeit wird eine Arbeitsgruppe in Rat und Verwaltung dazu
eingerichtet. Unser Mitglied des Schulausschusses wird dabei sein, es hat aber
noch keine Sitzung stattgefunden.
Natürlich wird der vom Bund angekündigte Geldbetrag in Höhe
von 2 Mrd. EUR nicht ausreichen.
Das Land Niedersachsen hat im März des Jahres ein
Förderprogramm für den Infrastrukturausbau aufgelegt, nach der Prüfung unserer
Standorte sollte dementsprechend baulich, aber auch in Ausstattung investiert
werden.
Selbstverständlich wird der Stadtelternrat (Schule und KiTa)
in der Konzeptentwicklung beteiligt. Das steht auch im Programm der GRÜNEN, auf
das ich hier verweise.
Lukanic: Derzeit wird von der Stadt eine
Arbeitsgruppe eingerichtet, die sich mit den Fragestellungen der Umsetzung des
Ganztagsbetriebes befasst.
Ich möchte nach Möglichkeit ein Pilotprojekt an einer der
Schulen einrichten, um frühzeitig ein Ganztagsangebot nach dem Modell des
Bundes umzusetzen. Das soll die Blaupause für den ab 2026 aufwachsenden
Ganztagsbetrieb sein. Das Projekt muss selbstverständlich gemeinsam mit allen
Beteiligten, den Elternräten, den Schulen entwickelt werden und mit der
Landesschulbehörde abgestimmt sein.
Insgesamt habe ich keine Zweifel an der Umsetzung des
notwendigen Ganztagsbetriebes ab 2026, wenngleich der Bundesrat wegen der
Finanzierungslücke von rd. 1. Mill € in der vergangenen Woche seine
Zweifel angemeldet hat und das Gesetzgebungsverfahren inzwischen dem
Vermittlungsausschuss des Bundes vorliegt.
Als nächster Schritt müssen in der Arbeitsgruppe der Stadt
die Standards für den Ganztagsbetrieb festgelegt werden, nach denen die
Umsetzung erfolgt. Die Schulstandorte müssen auf ihre räumlichen und sonstigen
Voraussetzungen für den Ganztagsbetrieb überprüft werden. Die Betreuung der
Grundschulkinder muss sich an den Standards im Hort messen lassen. Das sollte
das Ziel sein. Eine gute Betreuung muss allen Kindern zu Teil werden und alle
müssen die gleichen Bildungs- und Erziehungschancen haben.
Selbstverständlich möchte ich die Horte erhalten. Der Bund
bringt das ebenfalls durch die Verankerung in der Kinder- und Jugendhilfe im
SGB VIII zum Ausdruck.
Als Stadt müssen wir und insbesondere die Landesregierung
auf die entstehenden Fragen Antworten finden:
●
Wie sieht die Betreuung der Kinder aus, wenn
alle Kinder bis 15:30 in der Schule sind und anschließend noch eine Betreuung
wie in den Horten bis 17:00 oder 18:00 Uhr gewährleistet werden soll?
●
Wie wirkt der Hortbetrieb in die Schulen hinein
bzw. wie funktioniert die Zusammenarbeit?
●
Wie wird der Ganztag betrieblich und personell
umgesetzt?
Spätestens ab 2029 hat der Ganztagsbetrieb Auswirkungen auf
unsere Horte und wir werden Lösungen für die Zusammenarbeit der Einrichtungen
in der Betreuung, die Angleichung der Betreuungsqualitäten und räumliche
Ansprüche für die Schulen entwickeln müssen.
Neben der Umsetzung der baulichen Maßnahmen sind die
betrieblichen und personellen Auswirkungen zu überprüfen. Die Finanzierung muss
sicher gestellt werden, vorausgesetzt Bund und Land kommen nicht im gesamten
Umfang der entstehenden Aufwendungen für die Umsetzung des Ganztagsbetriebs
auf, was nach derzeitigem Stand anzunehmen ist.
Wegen der zuvor beschriebenen Probleme sähen die kommunalen
Spitzenverbände die Ganztagsbetreuung lieber im Schulrecht verankern und somit
unter die alleinige Verantwortung der Länder gestellt, was einer folgerichtigen
Umsetzung des Ganztagschulbetriebes entsprechen würde.
Ich stehe im Austausch mit Landtagsabgeordneten. Die
Auswirkungen werden bereits unter den schulpolitischen Sprechern des Landes
diskutiert.
Haack: Die Betreuung muss an den Schulen
erfolgen. Ab 2026 ist die Offene Ganztagsbetreuung an Schulen Pflicht.
Berger: Der aktuelle Gesetzesvorschlag ist
im Vermittlungsausschuss u.a. zur Klärung des Umfanges der Finanzierung.
Danach muss durch die föderale Struktur für Wolfenbüttel definiert werden
wer die Aufgaben konkret umsetzt (Schule, Jugendhilfe, freie Träger oder die
Kommune). Es ist dadurch noch so einiges im Bewegung und gleichzeitig auch
„höchste Eisenbahn“ ein gemeinsam getragenes Konzept für den Ausbau vorzulegen.
Die Umstellung unseres Schulsystems von einem
"Halbtags"-auf ein vollständiges Ganztagsschulsystem erfordert für
die Kommunen eine große Kraftanstrengung. Ich unterstütze die derzeitigen
Planungen eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe einzurichten, die diese
Aufgaben aus allen perspektiven beleuchtet und daraus einen Umsetzungsvorschlag
entwickelt. Es braucht den Sachverstand der Elternvertreter, der Mitarbeitende
aus Hort, Schule, Rat und Verwaltung.
Trotzdem möchte ich vorab dazu ein paar Aspekte mit
einbringen.
Die Qualität in den Ganztagsangeboten muss gesteigert
werden. Hier können die bestehenden Potenziale wie die vorhandenen
Räumlichkeiten, das gewohnte Umfeld, die Vernetzung zwischen Betreuung und
Schule und das soziale Miteinander der Kinder genutzt werden. Dazu gehört auch
qualifiziertes Betreuungspersonal einzusetzen. Um dies zu generieren, braucht
es aus meiner Sicht gute Kombinationen mit anderen Tätigkeiten wie z.B. die
Betreuungskoordinatoren sowie neuer flexibler Arbeitszeitmodelle zur Lösung
des Fachkräftemangels. Gleichzeitig ist der Ausbau der Kooperationen mit
Vereinen, Verbänden und Institution voranzubringen, um die Angebote zu
erweitern und die Vernetzung in der Stadt (gerne auch im Quartier)
weiterzuentwickeln.
Die Einführung und Entwicklung des Ganztagesschulangebotes
wird ein mehrjähriger Prozess werden. Im Zuge dessen steht derzeit die Frage
„für“ oder „gegen“ Horte nicht an. Ich sehe derzeit weiterhin das Wahlrecht
der Eltern welche Betreuungsform sie bevorzugen. Im Zuge der Einführung des
flächendeckenden Ganztagsschulangebotes und dessen Qualitätsentwicklung
müsste geprüft werden wie sich der Bedarf an Hortplätzen entwickelt. Sollten
diese weniger nachgefragt werden könnten diese Plätze z.B. sukzessive in KiTa
Plätze umgewandelt werden. Bliebe es bei der aktuellen Nachfrage nach
Hortplätzen, bleibt auch das Hortangebot parallel bestehen.
Stadtelternrat: Die Stadt hat mit der Aufschlüsselung der Punktevergabe für die
Notbetreuungsplätze in unseren Augen einen wichtigen Schritt im Bereich
transparenter Kommunikation unternommen.
Welche weitergehenden
Maßnahmen planen Sie mit dem Ziel einer maximal transparenten Ausgestaltung der
Platzvergabe für KiTa-Plätze und für die Kommunikation zwischen Stadt und
Eltern?
Berger: Das Verfahren für die Notbetreuung
ist in jedem Fall transparent und eine gute Basis für die Kommunikation.
Für die zukünftige Anmeldungssystematik würde ich mir
wünschen, dass wir in der Stadt Wolfenbüttel und möglichst auch im
Kreisgebiet ein Onlineangebot einführen, wie es sie bereits in vielen anderen
Städten und Landkreisen um uns herum bereits gibt (vgl. z. B. Salzgitter,
Helmstedt, Braunschweig, usw.). Alle Informationen zu den KiTas, Konzepte, der
Teams etc. wären dort für alle Eltern einsehbar. Die KiTa bleibt in diesem
Prozess weiterhin die entscheidende Stelle welches Kind aufgenommen wird.
Sollte eine KiTa den Platz vergeben, kann das System z. B. automatisch alle
anderen Voranmeldungen dieses Kindes auf Wartelisten bei anderen Kitas erkennen
und herausnehmen und es bestünde so immer eine aktualisierte Übersicht zu den
offenen Anmeldungen (Stichwort: Wartelistenproblematik). Dies könnte damit
gelöst werden. Die entsprechende Kommunikation würde über das Onlineportal
erfolgen, ergänzend dazu natürlich auch die Besuche in den Einrichtungen vor
Ort.
Nach der Aufnahme in die KiTa würden die Informationen und
Kommunikation ergänzt um die unter Frage 1 erwähnte Kita APP.
Haack: Transparenz wäre möglich durch einen
Aufnahmekriterienbogen wie in anderen Kommunen. Auch eine Internetplattform wie
der Kita-Finder in Helmstedt und Braunschweig ist denkbar.
Zum einen würde ich das Rad gar nicht neu erfinden, sondern
BestPractice Beispiele anderer Kommunen suchen. Zum anderen würde ich ein
Konzept immer mit den Elternvertretern abstimmen. Letztlich sollte sich eine
Verwaltung nichts an den Kunden vorbei ausdenken.
Ziel müsste es eigentlich sein, dass bei den Eltern die Frage nach der
Transparenz gar nicht aufkommt. Das wäre erreicht, wenn ausreichend Plätze zur
Verfügung stehen und die Vergabekriterien damit zweitrangig wären.
Lukanic: Ich möchte nach dem Vorbild
anderer Städte eine digitale Anmeldung für die Kitaplätze umsetzen und weitere
Zuteilungskriterien bzw. Sozialkriterien mit allen Beteiligten diskutieren und
ggf. im Anmeldeverfahren zur Verbesserung der Transparenz aufnehmen. Die gute
und transparente Nachvollziehbarkeit der Platzvergabe ist eine zentrale
Grundlage für ein gestärktes Vertrauen zwischen Eltern und den städtischen
Einrichtungen. Die Einbindung des Elternrates ist mir wichtig.
Brix: Alle Verwaltungsprozesse, werden von
mir nachvollziehbar transparent in ihren Kriterien dargestellt werden. Dies zu
erreichen wird allerdings selbst ein Prozess über eine gewisse Zeit sein.
Priorität hat die Darstellung von Entscheidungen, die wiederkehrend Menschen
unmittelbar betreffen (wie die angesprochene Vergabe von KiTa- oder
Hort-Plätzen).
Im engen Dialog muss dennoch
das Fällen von Einzelentscheidung möglich sein, um Härten zu vermeiden.
Allerdings ist mein Anspruch auch, einen Ausgleich zwischen
knappen Platzangeboten und dem tatsächlichen Bedarf zu schaffen, damit die
Notwendigkeit der Darstellung, warum jemand einen Platz nicht bekommt, während
eine andere ihn bekommt, in den Hintergrund tritt.